Donnerstag, 26. März 2020

Postthum

In den letzten Zeit höre ich oft den Satz  „Das würde ich mir nicht erlauben“,
gekoppelt mit einem:  HOW DARE YOU
so mit dem Andenken der Familie umzugehen.

Nun stehen wir nicht auf einem Friedhof
auch wenn die Geste, die mir dabei in den Sinn kommt
ein abruptes durch die Haare Streichen
ein Zeichen der Beherrschung, als ginge es um die Gesetzestafeln, nach denen Moses fasst
droht, den Text fallen zu lassen -
noch ist das Totengedenken, um das hier gestritten wird, nicht allein das eines würdigen Gedenkens vor einer kleinen, unbedeutenden Familiengruft, sondern ein Eingedenksein auf dem weiten
Friedhof Deutschland und Europas.
Mit „das“ ist gemeint, das Andenken des Vaters oder des Großvaters in den Schmutz zu ziehen, durch kindische Art lächerlich zu machen oder herabzusetzen:
Gemeint ist, nicht nur das Andenken zu verderben
sondern auch die Schriften und Publikationen, die in Privatbriefen geäußerten Ansichten zu verunstalten und oder verunglimpfend herabzusetzen.
Darunter versteht sich – stillschweigend bescheiden - eine mitschwingende Verpflichtung / Vernichtung – in der kaum ausgesprochenen Annahme, dass das Urteil des pietätvoll Gedenkenden, das allein Richtige ist.
Wer sich in meiner Weise den Philosophen und ihren politischen geschichtlichen Publikationen in der NS -Zeit und in den nachfolgenden Jahrzehnten widmet, bricht, verletzt und zerstört die Trauerarbeit desjenigen, der es richtig macht.
Zu diesem schwerwiegenden Vorwurf des falschen deplazierten Totengedenkens „gesellt“  sich  ausserdem der Vorwurf einer fehlenden Aussage, eines Schuldbekenntnis seitens der Täter.
Denn zu den Tätern und der Tätergeneration, der von Wolfgang Ritzel undMartin Heidegger angehören, fehlt ein und vielmehr DAS Schuldeingeständnis.
Es wird von den vornehm Schweigenden
eine Art Selbstbezichtigung des Philosophen erwartet,
um nicht zu sagen: gefordert, weil es, so meint man, scheint es, zum Wesen des Philosophen gehört, Rechenschaft über sich, über die Folgen des eigenen politischen Handelns - oder über die Kon- sequenzen eines unterlassenen Handelns - und natürlich über DAS Handeln als geschichtliche Einheit abzulegen.
Zumindest wird eine Äusserung erwartet, die über die üblichen oberflächlichen vernebelnden Stellungnahmen zum Holocaust hinausgeht und welche erlauben würde, uns, den heute Lebenden, erlauben würde, mit der Zeit des Nationalsozialismus, mit der Vergangenheit des Krieges oder auch nur den Traumatas, den Folgen von Deportation und Vernichtung der Folgen dieser Zeit den Sequelles abzuschliessen
In der Hoffnung
dass Aussprechen und Begrifflichmachen zur Verständlichkeit des Nichtzuverstehenden
dass es - seitens der Philosophen
zu einer wirklichen (hegelianisch anmutenden) begrifflichen umfassenden Aufarbeitung gekommen sei, in der
ein Sich selber Schildern und ein Einschätzen ein umfassendes Abbild des Geschehens ebenso dazugehört wie ein Theoriebild. Eine Theoretisierung
welches NICHT NUR das Zustandekommen des Nationalsozialismus in sozialer politischer
aber auch den Rasse..“wahn“
und in beidem eingeschlossen das Vernichtungssystem
benennt, aufarbeitet, einordnet, gliedert und auf diese Weise den Exzess der Zerstörung endlich fasslich - begrifflich macht.
Fast liesse sich vermuten, dass beides - das falsche Totengedenken und das keine „Stellungbeziehen“ zum Holocaust -
zur Massenvernichtung der Endlösung und der mörderischen Be- satzungsregime, die das Dritte Reich in den europäischen Ländern errichtete - dazu gehört. Teil ihrer Machenschaft ist - oder schlicht und ergreifend:
Ein und dasselbe ist.

Er habe, sie haben - Wolfgang Ritzel habe, so lautet der Vorwurf,
nicht öffentlich Stellung bezogen; Heidegger habe geschwiegen.
Die Doppeldeutigkeit ....das doppelte Mouvement
von Anklage und würdigem Gedenken, in das sich juristische Überlegungen mischen.
Denn die Geschichtsbetrachtungen, Rekonstruktionen sind von einer Natur des "Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ mit der Konsequenz, dass sich unter ihnen Tatbestände, Namen Zeiten sich durchaus welche finden lassen müssen, die sich zu juristischen Anklagen im präzisesten Falle ausarbeiten lassen. oder hätten lassen müssen.

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